So ein feministischer Scheiß!

Auf der Intermot konnte ich wieder viele ambitionierte, inspirierende und taffe Frauen mit Benzin im Blut kennen lernen und mit ihnen sprechen. Alle brennen für das Motorradfahren, egal ob Off-Road, Rennstrecke, Reise-Touren oder Straße. Uns alle verbindet dieses einzigartige Gefühl, das jede anders beschreibt und doch kommt es im Begriff Freiheit für alle am nächsten.

Eine Frage auf der Intermot von einem Mann, der bei einem renommierten Custombike Magazin arbeitet, hängt mir immer noch im Kopf. Als wir einander kurz vorgestellt wurden, kam von ihm: "Ah, einen Blog? Frauen und Motorradfahren. Aber nicht so einen feministischen Scheiß, oder?" Hä? Da war ich etwas irritiert. Eigentlich hätte ich sagen sollen: "Doch. Feministischen Scheiß." Und ich könnte mich immer noch in den Hintern beißen, dass ich das nicht getan habe.

Ja, ich schreibe auch feministischen Scheiß - jetzt zum Beispiel. Ich schreibe darüber und ich setze mich dafür ein, dass Frauen nicht nur als schmückendes Beiwerk zu Motorrädern gestellt werden. Ist vielleicht für einen Mann aus der Custombike Szene nicht immer einfach zu verstehen. Und auch für einige Frauen, fällt das unter "man muss auch mal über sich selbst lachen können" resp. "spießig".  

Feministischen Scheiß zu schreiben heißt ja nicht, dass man Männer und Körperlichkeit nicht mag ...

Das habe ich zum Anlass genommen, über die Beobachtungen und Erfahrungen aus den letzten fast 10 Jahren Motorradfahren und fast 8 Jahre Mo's Bike Blog zu schreiben. Mittlerweile habe ich meine 10. Saison um- und unfallfrei fast zuende gebracht, es sind annähernd 120.000 Kilometer in der Zeit auf 5 verschiedenen Motorrädern im Süden Deutschlands, Österreich, Schweiz etc. zusammen gekommen. 

 

 

Aller Anfang ist schwer

2013, als ich meinen Motorradführerschein gemacht habe, gab es kaum Facebook-Motorrad-Gruppen nur für Frauen. Die älteste deutschsprachige Frauen-Motorrad-Gruppe, die mir bekannt ist, heißt Motorradfahrerinnen und wurde 2014 gegründet. Es gab auch noch ein reines Frauen-Forum, als Facebook noch nicht so groß war. Dieses wurde allerdings irgendwann, meines Wissens, 2016 eingestellt, wegen der großen Konkurrenz von Facebook. 

2010 gründet Frauke Tietz das erste deutschsprachige Online-Magazin, fembike.de, für Motorradfahrerinnen und stellte dieses leider 2017 ein. Sie war da ihrer Zeit weit voraus und hat anderen damit den Weg geebnet. Ihre Community wurde von Sherides.de übernommen. So lebt Fraukes Spirit hier weiter. Für kleine Bikerinnen bis 1,60 m gibt es sogar eine spezielle Gruppe: Die kurzen Bikerinnen

Warum Frauen-Motorrad-Gruppen?

Ich höre sie schon krakehlen, die Herren der Schöpfung: Ihr wolltet doch Gleichberechtigung! Das ist Diskrimierung! Öh, ja - nee. Gleichberechtigung heißt nichts anderes: Die Wahl zu haben, was Frau wann mit wem macht. Es heißt auch, die Unterschiede zwischen Mann und Frau anzuerkennen und dabei auf Augenhöhe miteinander umzugehen.

Die Frauen-Motorrad-Gruppen wurden gegründet, da in den gemischten und männerdominierten Gruppen sehr oft auch unangemessene Bilder (z. B. nackte Frauen auf Motorrädern oder der Xte sexistische Bilderwitz) oder sonstige Anzüglichkeiten gepostet werden. Facebook hat sich in den Jahren weiterentwickelt und entsprechend wird solches Bildmaterial geahndet oder der Nutzer gesperrt. Natürlich ist die Qualität der Gruppe auch immer vom Admin abhängig. Trotzdem möchten viele Frauen auch unter sich, sich mit dem Thema Motorrad beschäftigen.

Meine Erfahrungen aus den letzten Jahren: In reinen Frauen-Motorrad-Gruppen geht es meist friedlich und unterstützend zu. Ein paar Niggelichkeiten unter Menschen sind  normal, doch es eskaliert selten so, wie in manchen gemischten Gruppen. In Frauen-Motorrad-Gruppen dreht es sich um den Erfahrungsaustausch: Wo findet Frau die passenden Klamotten oder: Gibt es eine Frauen-Gruppe oder einen -Stammtisch, der sich im realen Leben in meiner Region zum Motorradfahren trifft?

Unter Frauen werden häufiger Fragen gestellt, die in gemischten Gruppen öfter mit dummen Sprüchen oder entsprechenden GIFs/Memes beantwortet werden. Das verunsichert und hat mit Augenhöhe nichts zu tun. Ich glaube, es gibt ebenso genug Männer, die etwas fragen würden, wenn da nicht der allwissende Old School Biker wäre, der schon Motoröl aus Muttis Brust genuckelt hätte oder der ewige 12-Jährige, der ständig alles ins Lächerliche zieht. Statt Hilfe gibt's Häme. (Es steht übrigens den Herren frei, ihre eigene Gruppe aufzumachen, ohne das Quotenarschloch ;-) )

In den letzten Jahren haben sich einige deutschsprachige Frauen-Motorrad-Gruppen etabliert mit vielen tausend Motorradfahrerinnen. Natürlich gibt es in aller Welt Facebook Gruppen nur für Bikerinnen. Ich folge einigen englischsprachigen (USA & UK), die aber immer eines gemein haben: Respektvoller Umgang miteinander, Verständnis und Empowerment. Und nein, es wird auch nicht über Männer gelästert (also nicht so wirklich ;-) )

Warum Frauen-Motorrad-Treffen?

Wer glaubt, Frauen-Motorrad-Treffen seien eine neuzeitliche, feministische Erfindung, der irrt sich gewaltig! Das erste Treffen wurde 1944 von den Moto Maids in Ohio durchgeführt. Die Moto Maids wurden 1940 von Linda Dugeau aus der Taufe gehoben.

1950 gründete  Louise Scherbyn in den USA die Women's International Motorcycle Association (WIMA). Auch dort werden regelmäßig in allen Teilen der Welt Frauen-Motorradtreffen organisiert. In Deutschland gibt es die WIMA seit 1958, in der ich auch Mitglied bin. Leider fiel dieses Jahr das Treffen in Deutschland aus, zum Europa-Treffen in die Schweiz konnte ich leider nicht. Das hat mein Terminkalender nicht hergegeben.

Ach so ja, warum gibt es überhaupt Frauen-Motorrad-Treffen? Ich finde sie sehr enspannt, Frau muss abends nicht damit rechnen, dumm von der Seite angequatscht zu werden oder sich mal wieder halbnackte Stangenbeschwörerinnen in Netzstrumpfhosen anzuschauen. Das ist langweilig. Dazu eine alkoholisierte, sabbernde Männerschar ;-) (Ich berichte aus eigener Erfahrung) ... Ich mag Männer, ich mag gemischte Motorradtreffen, ich mag das eine oder andere Bier trinken, aber ich mag eben auch sehr gerne Frauen-Motorrad-Treffen. Und nein, liebe Jungs, die ihr das gerade lest, ich muss Euch enttäuschen: Wir haben keine Chippendales da. 

Es werden seit Jahrzehnten Treffen von Motorradfahrerinnen in Deutschland organisiert und durchgeführt, die leider den Weg in die breite Öffentlichkeit noch nicht gefunden haben. Das finde ich sehr schade.

Übrigens wird es in 2023 ein von mir und Mitenthusiastinnen organisiertes Motorradtreffen für Frauen geben: Einhorntreffen.de

Warum Frauen-Motorrad-Stammtische & -Vereine?

Wie ich weiter oben schon erwähnte, wurden bereits in den 1940ern Frauen-Motorrad-Clubs / -Vereine gegründet. Das ist kein neues Phänomen.

Bei den Stammtischen sind die Beweggründe ähnlich: Mal entspannt Motorradfahren ;-). Einige Motorradfahrerinnen haben PartnerInnen, die nicht fahren oder sind alleinstehend und suchen deshalb Anschluss, einige trauen sich nicht alleine zu fahren oder mit Männern oder der Partner ist ihnen zu ungeduldig, zu schnell oder zu langsam und und und. Auch wenn ich sehr viel mit Schatzi unterwegs bin, habe ich im Oktober 2020 den Ladies-Chopper-Stammtisch Ostalb gegründet. Es geht um ungezwungenes Beisammensein, spontane Ausfahrten, Austausch und Netzwerken. Ohne irgendwelche Regeln oder was man sonst in einem MC so tun muss.

Unsere erste Wochenend-Stammtisch-Ausfahrt haben wir in diesem Jahr unternommen. Wir hatten sehr viel Spaß im Altmühltal! Wohin es nächstes Jahr geht, steht noch nicht fest.

Übrigens: Man unterstellt uns motorradfahrenden Fauen gerne mal, dass wir uns mit einem Stammtisch hervorheben wollen. Mh, ja, vielleicht, vielleicht ist es aber auch die Umwelt, die aus einer Gruppe Motorradfahrerinnen immer noch was Besonderes macht. Im Biergarten tuschelnd hinter uns herblicken, wenn wir eben jenen betreten oder verlassen. Männer, die Fotos von uns machen, weil sie noch nie 10 Frauen mit Motorrädern unterwegs gesehen haben. Oder die Frage: "Sie fahren so ein Motorrad als Frau?" ist manchmal irritierend ... 

Sichtbarkeit fördern

Mir ist es wichtig, sichtbar zu machen, dass Frauen-Gruppen und -Treffen schon lange existieren.

Denn das macht Mut. Mut für alle, die in ihrer Umgebung keine Motorradfahrerin kennen, die sie um Rat fragen können. Es macht Mut, wenn man sieht, dass es Frauen auch auf allen Motorradmodellen gibt. Es macht Mut, im Internet gezielt nach Angeboten für Motorradfahrerinnen zu suchen. Und zeigt Herstellern, dass wir da sind! Mittlerweile sind 30% der Motorradführerscheine in Frauenhand. Besonders stark gestiegen sind die FS-Inhaberinnen in der Altersgruppe 17 - 24 Jahre. Die größte Gruppe der Führerschein-Besitzerinnen ist die Ü65. Diese hat sich in den letzten 5 Jahren um 1,2 Mio vergrößert.

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